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BLASENSTEINE

 

Vor 40-50 Jahren waren Papillons mit Blasensteinen nicht bekannt. Ich erinnere mich in meiner Züchterzeit seit 1966 bis etwa 1985 an einen einzigen Fall. Da war ein 2-jähriger Rüde in den frühen 70-er Jahren von Calcium-Oxalat-Steinen betroffen, wurde operiert und machte innert Jahresfrist neue Steine. Ich glaubte an einen Einzelfall. Erst seit Mitte der 1980-er Jahre wurden mehr befallene Papillons gemeldet.

Es könnte sein, dass zu Zeiten, als die Hunde mit selbstgekochtem Futter oder Tischresten gefüttert wurden, weniger Mineralstoffe im Futter enthalten waren als heutzutage im industriellen Fertigfutter/Pellets. Die Harnsteine werden in der Blase gebildet aus winzigen Kristallen, die nicht löslich sind und sich zu Harngriess oder Harnsteinen zusammenfinden. Je nach Art der Kristalle sind es unterschiedliche Typen und die Diät zur Verhinderung erneuter Bildung richtet sich nach den Ausgangsmineralien.

Harnblasensteine können – vor allem bei Rüden – zu grossen Problemen mit dem Harnabfluss führen. Hinter Harnblasensteinen stehen verschiedene Ursachen, denn es gibt verschiedene Typen von Harnblasensteinen. Manche Besitzer glauben, dass ein Nierenproblem die Ursache sein könnte, aber Meldungen über Nierensteine gibt es nicht, es sind bei unserer Rasse stets Harnblasensteine. In der Regel werden die Rüden auffällig, weil sie nur noch tropfenweise und die Hündinnen sehr häufig kleine Mengen Urin absetzen, Blut im Urin kann vorkommen.

Blasensteine können lebensgefährlich werden, wenn der Harnabfluss gar nicht mehr möglich ist und der Urin angestaut wird. Dabei können Dauerschäden an Nieren und Blase entstehen. In solchen Fällen ist tierärztliche Hilfe sofort nötig (Notfall!). Manchmal genügt im Notfall ein Katheter, so dass für den Moment die Blase entleert werden kann. Es braucht in der Regel eine Operation zur Entfernung der Steine. Das Ganze kann sich wiederholen, weil ein betroffener Hund eventuell immer wieder neue Harnsteine bildet. Es ist also eine Erkrankung, die lebenslang andauern kann.

Man unterscheidet verschiedene Arten von Harnsteinen und die lebenslang notwendige Diät richtet sich danach, welche Sorte Steine gebildet werden. In der ganzen Hundepopulation waren etwa die Hälfte aller Harnsteine „Struvit-Steine“ und etwa ein Drittel „Calcium-Oxalat-Steine“. In den letzten Jahren waren die Struvitsteine eher rückläufig, dafür gibt es mehr Calcium-Oxalat-Steine. Die Forschung weist nach, dass Hunderassen mit einem Gewicht unter 15 kg mehr betroffen sind als grosse Rassen, dass Rüden häufiger betroffen sind als Hündinnen. Und kastrierte Hunde sich deutlich häufiger von Harnblasensteinen befallen als nicht kastrierte.

Struvit-Steine

Mit der Bildung von Struvit-Steinen sind häufig Infektionen in den Harnorganen verbunden – man spricht denn auch von „entzündlichen“ Harnblasensteinen. Die Forschung geht davon aus, dass die Stoffwechseltätigkeit von Bakterien zu einer Veränderung des Milieus in der Harnblase führt. Struvit ist ein Mineral, das entstehen kann, wenn der Harn zu wenig sauer (zu basisch) ist und auch reichlich Phosphor und Magnesium enthält. Struvit-Steine können recht gross werden, in einem unserer Hunde so gross wie ein Taubenei, so dass die Blase fast ganz ausgefüllt ist. Neben der operativen Entfernung der Blasensteine und Behandlung mit Antibiotika braucht es auch Diätnahrung oder Nahrungszusätze, um den pH-Wert des Urins so zu regulieren, dass möglichst keine neuen Steine entstehen.

Calcium-Oxalat-Steine

Das ist die unangenehmere Variante, denn Calcium-Oxalat-Steine bei unserer Rasse bekommt man mit Diäten und Medikamenten weniger in den Griff. Man nimmt an, dass eine überhöhte Versorgung mit Calcium zur Steinbildung beiträgt – was erklären könnte, weshalb ausnahmsweise Zuchthündinnen diesen Typ Steine haben können. Oxalat-Steine werden meist nicht sehr gross, aber es können Dutzende davon in der Blase sein. Sie haben oft eine „zackige“ Form und reizen die Blasenwand, führen also auch zu Entzündungen. Calcium-Oxalat-Steine rechnet man zu den „metabolischen“, das heisst stoffwechsel-bedingten Steinen. Das heisst aber auch, dass die Neigung dazu familiär vererbt sein könnte.

Es gibt weitere Typen von Harnblasensteinen, manche sind aus verschiedenen Mineralien gemischt. Wenn immer solche Steine operativ entfernt werden, müssen sie im Labor untersucht und typisiert werden, um die richtige Behandlung/Prävention eines Rückfalls zu finden.

Man nimmt an, dass sowohl genetische wie auch Umweltfaktoren bei der Entstehung von Nieren- und Blasensteinen eine Rolle spielen. Das Problem ist auch bekannt von den Katzen, wo mehrheitlich kastrierte Kater in Wohnungshaltung betroffen sind. Sie haben weniger Bewegungsmöglichkeiten als Katzen mit Freiauslauf, vermutlich auch weniger Anreiz, die Blase zu entleeren, wie das Freilaufkatzen mit ihrem Markieren des Eigenreviers häufig tun.

Einflüsse der Ernährung?

Wir haben heute sicher mehr solche Blasensteinfälle als vor 40 Jahren. Damals haben wir aber auch anders gefüttert: es gab kein Trockenfutter, nur Hundeflocken und Dosen- oder Frischfleisch, eventuell etwas Vitamin-Mineralstoff-Zusätze. Wir haben zwangsläufig die Welpen relativ „nass“ gefüttert, mit Fleisch, Flocken, Eiern, Mineralstoffpulver. Ich denke, der Wassergehalt des Hundefutters der 1970-er-Jahre war bei etwa 80%. Und heute?? Das Trockenfutter hat 82-90% Trockenmasse. Wenn man so einweicht, dass das Futter ein bisschen quellen kann, sind es immer noch bei 40-50% Trockenmasse. Aber Hunde sind eigentlich „Beutetierfresser“ und ein eben getötetes Tier hat rund 20% Trockenmasse und 80% Wasser im Körper.

Man fragt sich allen Ernstes, ob die Zunahme der Steinleiden in unseren Hunden nicht mit der mehr und mehr aufgebauten Futtermittelindustrie zusammenhängt – d.h. ob die Hundnahrung bis etwa 1985 mit viel mehr Wassergehalt der Nahrung sich relativ im „natürlichen“ Rahmen 20% Trockenmasse und 80% Wasser bewegte. Diese Relation könnte in den letzten 30 Jahren verlassen worden sein mit der praktischen, sauberen, abfallarmen Pellet-Fütterung. Das Industriefutter dürfte auch deutlich mehr Mineralstoffe enthalten als früher die grossenteils selbst zubereitete Nahrung aus unseren eigenen Lebensmitteln. Es ist unklar, ob das Mehr an Calcium, Magnesium, Phosphor usw. mit zur Steinbildung beiträgt oder nicht. In den ersten 15 Züchterjahren hat die Schreibende Kalkmangel-Tetanie bei säugenden Hündinnen mehrfach gehabt, seit dem letzten Fall 1984 nicht mehr, und seither nimmt die Fütterung mit Pellets zu. Einen Zusammenhang nachweisen kann man nicht.

Industriefutter dürfte neben Kastration und Bewegungsmangel nicht einzige Ursache sein, eine genetische Komponente ist zu vermuten. Wäre es denkbar, dass es eine Veranlagung gibt, bei zu „trockener“ Fütterung Steinleiden zu entwickeln, die früher, als das Futter viel mehr Flüssigkeit enthielt, keine Folgen hatte??? Wie viel ist umweltbedingt? Wie viel liegt in den Genen??

Vielleicht muss man Züchtern raten, die Welpen so aufzuziehen, dass sie reichlich Flüssigkeit aufnehmen. Trockenfutter einweichen, zusätzlich Welpenaufzuchtmilch geben und auch einmal frisch gekochtes Futter zu offerieren (haben sie am Liebsten ). Früher hat man die Welpen mit Brei gefüttert, das tun wir schon längst nicht mehr. Aber 3-mal täglich etwas verdünnte Welpenmilch könnte ratsam sein.

Was soll man Besitzern raten? Die Tendenz geht ja auch zu Pellet-Futter wegen der Zahnsteinbildung bei den Kleinen. Es gibt bereits wie für Katzen „Dental-Care-„Futter. Bei den Katzen ist das Blasensteinproblem viel besser erforscht, es ist seit 20 Jahren mehr und mehr verbreitet in kastrierten Katern und wir haben ähnliche Hinweise, dass Kastration eine Mitursache ist. Die Kater mit den Problemen haben sogar einen medizinischen Namen, ohne zu unterscheiden, welche Art Steine oder Harngriess sie haben, es sind alle „FUS-Kater. FUS heisst „feline-urinary-syndrom“.

Ich wage heute nicht, die Gene erstverantwortlich für das Problem zu machen. Vielleicht ist es in erster Linie die Futtermittelindustrie, in zweiter Linie die Kastration und erst in dritter Linie die Gene?? Je nach genetischer Konstellation sind die vorgenannten Umweltschäden relevanter oder nicht???

Was kann man tun, damit unser Hund von dieser Erkrankung verschont bleibt?

  • Nicht nur mit Pellets trocken füttern und für genügend Flüssigkeitsaufnahme sorgen (z.B. mit etwas Kaffeesahne im Wasser nach dem Füttern).
  • Für häufige Versäuberungsgelegenheiten besorgt sein, nur 3-4-mal täglich genügt sicher nicht. Der Hund sollte mindestens alle 3 Stunden ins Freie können. Die Nachtruhe soll nicht länger als ca. 9 Std. dauern.
  • Für viel Bewegung besorgt sein.
  • Wenn immer möglich in der ersten Lebenshälfte auf Kastration verzichten.
  • Bei Anzeichen von Blasenentzündungen frühzeitig in tierärztliche Behandlung gehen.

 

Wenn mir ein Papillonbesitzer stolz erzählt, sein Hündchen sei absolut stubenrein und müsse nur 3 mal täglich spazieren geführt werden, frage ich ihn, wie er sich wohl fühlen würden, wenn er nur 3 mal in 24 Stunden aufs Klo gehen dürfte! Das ist Tierquälerei und die meist übervolle Blase für Steinleiden prädestiniert!